"Wie kommt die Schokolade nach Pinneberg" fragten wir Mitte April. Vor mir liegt eine Frachturkunde, die alle Fragen beantwortet: Ulf und Jörg haben sie im April per Lastenrad emissionsfrei von Amsterdam nach Pinneberg gebracht. 4 sonnige Tage, Wind im Rücken, außer uns 4 weitere verrückte Fahrradfreaks auf Lastenrädern ab Buxtehude, ein generationsübergreifendes Team, das nach 120 Kilometern auf dem Rad noch zusammen lachen kann und zusammenwächst.
Ich sitze zum ersten Mal auf so einem fast 40 Kilogramm schweren Monster mit großem Kasten vorn, allerdings elektrounterstützt. Nach wenigen Kilometern merke ich, wie gut alles aufeinander abgestimmt ist und ich fühle mich schnell sicher. Die Gemeinschaft legt los, ich spüre das feine rucken, wenn der Motor aufhört zu arbeiten, weil wir schneller sind als mit 25 km/h unterwegs sind. Verschwenkungen der Wege nach links oder rechts mit hoher Geschwindigkeit, dazu, wenn nötig, Windschattenfahren im 6er-Bündel mit kleinen Abständen zueinander, wobei man das Vorderrad nicht sieht. Ich spiele allmählich mit in dem Sextett und werde immer besser. Hier sind sehr gute Radfahrer unterwegs, und das macht, trotz aufkommender Schmerzen, großen Spaß. Die Beine funktionieren immer besser, aber das lange Sitzen wird zur Qual.
Dann, am fünften Tag, stehen wir mit mehr als 150 anderen Radlern im Hof der Schokolate Makers Enver und Rodney in Amsterdam. Hier wurden die mit einem Frachtsegler aus der Dominikanischen Republik angelandeten Kakaobohnen schonend geröstet, und mit solarbetiebenen Maschinen zu einer wohlschmeckenden Schokolade mit verschiedenen Kakaoanteilen verarbeitet. Wir Anwesenden werden von Enver und Rodney begrüßt. Sie sind sehr erfreut, dass wir etwa zwei Tonnen ihrer Produktion per Rad in Europa verteilen, und es wird die Nachhaltigkeit hervorgehoben.
Viele der Anwesenden kennen sich aus den vergangenen Touren, und es werden Freundschaften gepflegt und neue geknüpft. Es ist ein buntes Gewirr aus sonderbaren Fahrradgebilden und deren Fahrern, sowie eine Sprachvielfalt. Abends heißt es Abschied nehmen, um am nächsten Morgen die Rückfahrt unter die Pedale zu nehmen.
Es folgen 4 Tage, zwar mit Sonnenschein, doch der auf der Hinfahrt genossene Rückenwind wird zum Gegen- und Seitenwind, und mindert unsere Reisegeschwindigkeit locker um 5-7 km/h. Das führt dazu, dass wir nicht selten zehn bis zwölf Stunden im Sattel sitzen, was selbst unsere Profis platt macht. Am vorletzten Tag rücken wir in die Öffentlichkeit. In Cloppenburg werden wir von der Stadträtin vor dem Rathaus begrüßt, und auf einem Parkplatz wartet ein Fernsehteam vom Bremer Rundfunk mit der Sendung "Buten un binnen". Interviews und Aufnahmen folgen, sowie die Bitte, am letzten Tag vor der Bremer Jugendherberge, noch mit einem Kameramann in einem unbeladenen Lastenrad, Aufnahmen mitten unter uns zu machen.
Als alle Aufnahmen im Kasten waren, traten wir die Rückfahrt nach Buxtehude an. Auch dort wurden wir begrüßt, um dann die letzten 30 Kilometer zu zweit nach Pinneberg zu radeln, gespannt auf die Begrüßung dort. Für mich war der Empfang überwältigend, denn viele vom ADFC, Freunde und Familie waren gekommen um uns zu feiern, die 1.000 km in 8 Tagen mit dem Lastenrad fuhren.