16 Fahrradstraßen für PinnebergMit nur einer Gegenstimme ist am 27.8.2019 vom Ausschuss für Stadtentwicklung die Vorlage 19/181 beschlossen worden. Warum sich die vielen ADFC-ler unter den Zuschauern darüber riesig freuten? Der Ausschuss hat hiermit gebilligt, dass die Verwaltung 16 Fahrradstraßen in Pinneberg einrichtet. Das hätte sich vor acht Monaten, als die erste Fahrradstraße in Pinneberg eröffnet wurde, keiner träumen lassen! Wir, der ADFC Pinneberg, haben ausdauernd dafür gekämpft, dass es endlich Fahrradstraßen in unserer Stadt geben soll. Bis zur Einrichtung der ersten Fahrradstraße war es dann aber ein weiter, steiniger Weg über mehrere Jahre. Nun aber ein überraschender Sinneswandel in der Verwaltung. Statt einen Antrag über drei Fahrradstraßen des Kinder- und Jugendbeirats abzulehnen, wurde ein Konzept mit 16 Fahrradstraßen erstellt.

Vermutlich hatte die Bürgermeisterin nicht zuletzt aus den Treffen zum Thema „Klimakrise“, zu denen der Kinder- und Jugendbeirat eingeladen hatte, die Erkenntnis mitgenommen, dass man mit Fahrradstraßen in Tempo-30-Straßen eine Menge für die Sicherheit und den Komfort der Radfahrer auf der Fahrbahn erreichen kann. So ist nämlich eindeutig geregelt, dass sie auf der Fahrbahn fahren und nicht bedrängt und knapp überholt werden dürfen. Und das mit nur ein paar Schildern und Piktogrammen. Diese Maßnahme, so hatte es sich herauskristallisiert, ist das Einzige, was die Stadt mit ihren klammen Mitteln machen kann, um den Fahrradanteil in Pinneberg zu erhöhen und damit die Verkehrswende einzuleiten. Die Steigerung des Angebots an Bahn- und Busverkehr kann man sich nicht leisten.

Das Geniale an diesem Konzept der Verwaltung ist jetzt, dass es quasi alle Velorouten einbezieht und fast alle Straßen, die zu Schulen führen. Damit werden die Velorouten gestärkt und versprechen, wenn diese dann auch zeitnah ausgeschildert werden, zunehmend mehr Radfahrer anzuziehen. Durch die Erschließung der Schulen über Fahrradstraßen wird weiterhin ein großer Schritt hin zu sichereren Schulwegen getan. Denn Schüler sind in Fahrradstraßen besonders gut sichtbar und damit sicher unterwegs. Schüler, die nebeneinander auf der Fahrbahn fahren, stellen kein Verkehrshindernis dar, sondern sie sind selber Verkehr. Und das auf besonders platzsparende Weise! Ein Block von sechs Schülern in zwei Dreierreihen nimmt ungefähr den Platz eines größeren PKW ein. Würden diese Schüler stattdessen jeweils von ihren Eltern im PKW gebracht, ergäbe das die sechsfache Länge. Es ist also durchaus auch positiv für den Gesamtverkehr in unserer Stadt, wenn möglichst viele Personen Rad fahren und wenn diese auf bestimmten Wegen auch nebeneinander fahren dürfen!

Was ändert sich nun auf den neuen Fahrradstraßen?

Auf den Fahrradstraßen in Siedlungen, die aber auch einen verbindenden Charakter haben, wird man keine Autofahrer ausschließen. Nur im Hunnenbarg wird – wie jetzt schon – nur landwirtschaftlicher Verkehr zugelassen sein. Was sich also ändern soll ist das Verhalten der Autofahrer und der Radfahrer auf den Fahrradstraßen. Die Autofahrer sollen die Radfahrer nicht mehr bedrängen, und die Radfahrer sollen sich nicht mehr genötigt fühlen, auf die Gehwege auszuweichen. In einigen Fahrradstraßen könnte die Rechts-vor-links-Regelung durch das Schild „Vorfahrt“ ersetzt werden.

Werden Autofahrer hier nicht zu sehr benachteiligt?

Die Einschränkung ist gar nicht so groß! Denn auf vielen der im Konzept genannten Straßen wird auf der Fahrbahn geparkt, oder sie sind so schmal, dass ein Überholen mit dem nötigen Sicherheitsabstand von 1,50 m sowieso nicht möglich ist. Hier besteht also schon jetzt ein faktisches Überholverbot von Fahrrädern. Die Idee hinter Einführung von Fahrradstraßen auf den Velorouten aber ist, dass durch den Gewinn an Komfort und Sicherheit mehr Menschen Lust haben, alltägliche, kurze Wege mit dem Rad zu fahren und dadurch der Autoverkehr abnimmt. Denn die Hälfte der Wege, die mit Autos zurückgelegt werden, sind kürzer als 5 Kilometer. Und da der Radverkehr platzsparender als der Autoverkehr ist, bleibt für diesen folglich mehr Raum und er kann flüssiger fließen.

Auch brauchen Radfahrer weniger Parkraum, erzeugen keinen Lärm, nutzen die Straßen weniger ab, bewegen sich klimafreundlich und sie tun etwas für ihre Gesundheit. Die Stadt gewinnt an Lebensqualität, wenn mehr Rad gefahren wird. Deshalb ist es folgerichtig und zeitgemäß, dass die Stadt Pinneberg das Radfahren fördert.

Sollte man das Geld nicht lieber in die Renovierung der Radwege stecken?

Diese 16 Fahrradstraßen kosten die Stadt etwa 46 000 Euro für Schilder und Piktogramme. Damit könnte man vielleicht 100 Meter Radweg sanieren. Nun sind die Radwege in Pinneberg nicht nur marode, sie sind häufig auch zu schmal. Wollte man diese entsprechend der gültigen Vorschriften herrichten, müsste man häufig den Straßenquerschnitt verändern. Das wäre dann richtig teuer und müsste über viele Jahre gestreckt werden. Für eine Stadt mit klammen Kassen sind das Veloroutenkonzept und die Einrichtung von Fahrradstraßen das Konzept der ersten Wahl, weil es zeitnah und preiswert umsetzbar ist.

Wie wird die Stadt vorgehen?

Zunächst möchte die Verwaltung Straßen in Fahrradstraßen umwandeln, die nicht in Tempo-30-Zonen liegen, und die einfach und mit wenigen Schildern umzuwidmen sind: den Hunnenbarg, Am Drosteipark, die Burmeisterallee, den Rehmen und die Neue Straße. Die Erfahrungen, die man hier sammelt, werden in die folgenden Anordnungen integriert.

Wird es auch Veränderungen an Straßen geben?

Bei einigen Straßen wird die Fahrbahn hergestellt werden müssen, damit Radfahrer dort gerne fahren. So auf der Halstenbeker Straße südlich der Bahn und auch Am Drosteipark. Das ist aber sowieso notwendig. Beim Fahltskamp wird man den Radweg, der gegen Einbahnrichtung genutzt werden muss, rückbauen, die Parkplätze verschieben und den Radfahrenden das Fahren entgegen der Einbahnrichtung erlauben. Hierfür sollen Fördermittel des Kreises eingeworben werden. Die Polizei, die dem Vorhaben positiv gegenüber steht, wünscht in den Fahrradstraßen eine Begegnungsbreite von 4,75 Meter. Deshalb werden einige Parkmöglichkeiten auf der Fahrbahn verlegt oder müssen weichen.

Unser Fazit: Wenn diese Vorhaben in Pinneberg realisiert werden, wird das ein großer Qualitätssprung für den Radverkehr. Der ADFC Pinneberg wird sich dafür engagieren und seinen Beitrag dazu leisten, dass Autofahrer und Radfahrer die neuen Regeln kennenlernen und auch akzeptieren.

Die Drucksache des Ausschusses für Stadtentwicklung mit Beschlussempfehlung finden sie hier: https://www.sitzungsdienst-pinneberg.de/bi2/vo020.asp?VOLFDNR=4332