Anerkanntes Ziel von Bürgermeisterin und Ratsmehrheit ist es, den Radverkehr in Pinneberg zu fördern, um den Verkehr einer wachsenden Stadt bei gleichbleibender Straßenfläche bewältigen zu können. Bürger der Stadt werden sich nur dann vermehrt auf das Rad setzen, wenn sie ihr Ziel vergleichbar schnell erreichen wie mit dem Pkw, sie sich auf den Straßen und Radwegen sicher fühlen und die Wege in einem guten Zustand sind.
Da im Berufsverkehr die meisten Staus auftreten, ist es besonders wichtig, dass Schüler und Berufstätige zukünftig vermehrt auf das Rad steigen. Die Stadt Pinneberg hat zu diesem Zweck Velorouten entworfen und beschlossen, die jedoch bisher in der Bevölkerung kaum bekannt und für den Verkehrsteilnehmer mangels Beschilderung unsichtbar sind.
Der Ausschuss für Stadtentwicklung forderte im November 2017 per Beschluss die Stadtverwaltung auf, ein Konzept für die einheitliche Markierung und Verkehrsführung für die Veloroute 3 vorzuschlagen. Die Veloroute 3 führt von Waldenau/Datum zum Bahnhof und dort durch die Unterführung unter den Gleisen (Mühlenautunnel) weiter Richtung Norden. Am Bahnhof treffen mehrere Velorouten aufeinander, sodass dem Mühlenautunnel eine besondere Bedeutung zufällt. Der Mühlenautunnel ist aber zumindest in der derzeitigen Ausführung ein Nadelöhr, welches zudem nicht für den Radverkehr geeignet und demzufolge für den Radverkehr gesperrt ist. Wie will man aber eine Veloroute, die für den Radverkehr nicht durchgängig befahrbar ist, der Bevölkerung erklären?
Gibt es Alternativen für den Mühlenautunnel? Der Tunnel ist eine von fünf Möglichkeiten, an denen der Radverkehr die Bahnlinie kreuzen kann. Für viele Radfahrer ist er besonders attraktiv, weil er zentral gelegen ist, ein relativ geringer Höhenunterschied zu bewältigen ist und er auf ruhigen, relativ verkehrsarmen Routen zu erreichen ist. Es ist also kein Zufall, dass sowohl die Veloroute 3 als auch das Kreisradwegenetz durch diesen Tunnel führen. Alle anderen Alternativen sind keiner Veloroute würdig. Fahrradwegweiser des Kreises weisen den Tunnel aktuell als Radroute aus, sodass er von vielen Radfahrern regelwidrig genutzt wird und sich Fußgänger unwohl fühlen.
Schon im Gutachten "Förderung und Verbesserung des Radverkehrs in Pinneberg", das 1993 im Auftrag der Stadt Pinneberg erstellt wurde, wird kritisiert, dass Radfahrer diesen Tunnel nicht befahren dürfen, und es wird eine Umgestaltung gefordert. Die Stadtverwaltung hingegen hat nicht vor, den Tunnel radverkehrsgerecht umzugestalten. Der Tunnel gehöre erstens der Bahn und zweitens habe er nicht die erforderliche Höhe von 2,25 Metern.
Der ADFC Pinneberg hat der Stadtverwaltung seine Vorschläge unterbreitet: Durch Verlegung der im Tunnel befestigten Lampenleiste sowie eine flachere Pflasterbefestigung im Tunnel könnten die fehlenden Zentimeter in der Höhe gewonnen werden. Aufgrund der starken Frequentierung durch Fußgänger und Radfahrer ist die Breite des Fußgängertunnels von 2,50 m dann jedoch immer noch nicht ausreichend für eine gemischte Führung von Fußgängern und Radfahrer in beiden Richtungen. Sollten Radfahrer hier fahren, kommt es weiterhin unweigerlich zu Konflikten, vor allem mit Kinderwagen, Rollatoren, Hundeleinen und Fahrradanhängern. Diese Lösung wäre also relativ einfach, aber nicht ausreichend.
Eine Trennung von Fuß- und Radverkehr ist zwingend erforderlich. Deswegen ist es sinnvoll und notwendig nach Möglichkeiten zu suchen, den Verkehrsraum auf zu weiten, ohne – auch aus Kostengründen – die bestehenden Bauwerke nennenswert zu verändern. Deshalb schlägt der ADFC vor, die Mühlenau innerhalb des Tunnels mit Gitterrosten zu überdeckeln. Es entstünden so zwei Tunnel, von denen der bestehende für den Fußverkehr, der neue für den Radverkehr nutzbar wäre. Der Tunnel oberhalb der Mühlenau würde 50 cm tiefer als der bereits bestehende Tunnel liegen. Vor und hinter dem Tunnel stehen 12 bzw. 18 Meter für den Anschluss zur Verfügung. Der Höhenunterschied von 50 cm führt dann zu einer Steigung von deutlich unter 5 Prozent – das ist problemlos von Radfahrern zu bewältigen. Derartige Konstruktionen findet man zum Beispiel auch über der Woltz/Eifel sowie in Neumünster auf dem Radfernweg "Ochsenweg". Man betritt also kein Neuland.
In den Fahrradklima-Tests der vergangenen Jahre hat Pinneberg im deutschlandweiten, aber auch im landesweiten Vergleich jeweils einen der letzten Plätze belegt (2016: Platz 355 von 364). Kernaussage: In Pinneberg ist das Radfahren unsicher und unkomfortabel und wird durchweg mit der Schulnote 5 bewertet. Mit einer Radfahrerbrücke durch den Mühlenautunnel kann mit vergleichsweise wenig Aufwand ein erheblichen Sicherheits- und Komfortgewinn für Tausende Pinneberger auf ihren täglichen Wegen erreicht werden. Für die Fußgänger ergäbe eine Überbrückung der Mühlenau im Tunnelbereich für die Radfahrer und damit eine Trennung der Verkehrsströme einen erheblichen Sicherheits- und Komfortgewinn.
Der ADFC hat seinen Vorschlag der Bürgermeisterin im Mai 2018 und diversen Politikern im Juni 2018 unterbreitet und erläutert. Alle hielten es für eine gute Idee, die man umsetzen sollte. Interviews mit Nutzern des Tunnels ergaben viel Zustimmung für dieses Projekt. Zur Realisierung wird nun ein konkreter Ratsbeschluss benötigt.
Bauwerk aus Stahlgittern über der Woltz/Eifel. Nachdem der Radweg horizontal über den Fluss geschwenkt wird, schließt sich eine Rampe an, die den Radfahrer mit ausreichender Kopffreiheit zum Tunnelbogen passieren lässt.
Auch in Neumünster gibt es im Zuge des Radfernweges "Ochsenweg" eine vergleichbare Fahrradbrücken-Konstruktion am Ort der Eisenbahnüberquerung der Stör.