Veloroute 3 führt über einen GehwegPosition des ADFC-Pinneberg zum Interview mit der Bürgermeisterin im Pinneberger Tageblatt vom 18. August 2022:

Der ADFC Pinneberg stimmt Frau Steinberg zu: Pinneberg ist rein geographisch und topographisch betrachtet ideal für eine Fahrradstadt. Dennoch mangelt es unverändert an der dafür erforderlichen sicheren Infrastruktur.
Frau Steinberg bemüht in ihrem Interview die sehr wenigen Maßnahmen, die überhaupt bewegt wurden. Leider sind diese teilweise schon mehrere Jahre alt und aus unserem Blickwinkel betrachtet außerdem ganz überwiegend planerisch/handwerklich schlecht umgesetzt. Am Rande sei erwähnt, dass nur in den wenigsten Fällen die Initiative von der Pinneberger Verwaltung ausging. Im Einzelnen:

Thesdorfer Weg (240 Meter):

Hier wurden in 2017 tatsächlich 240 Meter von fast 3 km – also weniger als 10 Prozent des Straßenverlaufs – neu geplant und umgebaut. Es sind damals eine Vielzahl großer Bäume für die Maßnahme gefällt worden. Das Ergebnis ist für alle Verkehrsteilnehmer unübersichtlich, gefährlich und unfallträchtig, wie uns die Polizei und viele verunfallte Radfahrende bestätigen.
• Im Bereich der Bushaltestelle (etwa mittig auf den 240 Metern) existiert auf einer Länge von ca. 50 Meter gar kein Radweg, erkennbar an der fehlenden roten Pflasterung.
• Der südliche Radweg soll in beide Richtungen benutzt werden, was gemäß der geltenden Vorschriften innerorts generell zu vermeiden ist.
• Die Ampeln für die Radfahrenden an beiden Kreuzungen sind schlecht platziert und führen zu Verunsicherung bzw. sie provozieren Fehlverhalten der Radfahrenden.
Trotz der vielen geopferten Bäume ist hier keine sichere Radverkehrsinfrastruktur erstellt worden.

Breslauer Straße (Südseite im Jahr 2014, Nordseite im Jahr 2018):

Ist o. k., die angekündigte Fortführung über die Heinrich Christiansen-Straße ist sehr wünschenswert.

Radschutzstreifen am Jappopweg (2018):

Auf dem Radschutzstreifen werden seitens der Anwohner unverändert täglich PKW geparkt. Das ist dem zuständigen Ordnungsamt im Pinneberger Rathaus jedoch egal und ein angesehener Pinneberger Politiker (pensionierter Polizist) ermutigte die Waldenauer auf der Einwohnerversammlung 2018 dazu. Außerdem endet der Schutzstreifen genauso unvermittelt, wie er beginnt.
Sichere Radverkehrsinfrastruktur ist daraus leider nicht entstanden.

Sanierter Radweg gen Waldenau:

Auf dem sanierten Radweg gen Waldenau werden die Radfahrenden auf Höhe des Waldenauer Weges mittels Markierungen unvermittelt und gesetzeswidrig auf den Gehweg und in den sehr engen Wartebereich der Bushaltestelle geleitet. Und leider hat die Sanierung der Oberfläche nichts an dem Umstand geändert, dass der Radweg eine Vielzahl von unübersichtlichen Ausfahrten kreuzt, weiterhin sehr eng verschwenkt und gegenläufig benutzungspflichtig ist.

Fahrradstraßen Halstenbeker Straße (300 Meter, 2018) und Lange Twiete (15 Meter, 2017):

Ein Blick auf die Landkarte zeigt, diese beiden Straßen liegen im Wesentlichen außerhalb des Pinneberger Stadtgebietes. Nur jeweils wenige Meter der beiden Straßen liegen im Zuständigkeitsbereich des Pinneberger Rathauses.

Die Initiative zur Umwidmung als Fahrradstraße kam aus den jeweils benachbarten Kommunen (Halstenbek bzw. Appen). Pinneberg hat nur die wenigen Meter auf Pinneberger Gebiet ergänzt – auf Druck der angrenzenden Kommunen ergänzen müssen.

Fahrradstraßen Burmeisterallee und Am Drosteipark:

Die Fahrradstraße Am Drosteipark ist in der Oberfläche so schlecht, dass Radfahren hier unverändert fast unmöglich ist.

Umsetzung Veloroutenkonzept:

Ausschilderung entlang der Strecken ist teilweise erfolgt, aber ein Hinweis mit Entfernungsangaben (beispielsweise ein sogenannter Armwegweiser) an zentraler Stelle (z. B. Drosteiplatz) fehlt unverändert.
Die Umsetzung ist aus unserer Sicht mangelhaft. U. a.
    • Führung über P&R Parkplatz mit starkem Parkplatzsuchverkehr,
    • Führung über den ZOB mit Bus-Rangierverkehr,
    • Führung über Abschnitte (z. B. eine Brücke und durch einen Tunnel) auf denen Radfahren nicht zulässig ist,
und entspricht nicht den in mühevoller Detailarbeit in 2014 bis 2017 mit dem ADFC abgestimmten Routen.

Fahrradselbsthilfestation am Geschwister Scholl Haus:

Idee, Initiative und finanzielle Umsetzung erfolgte komplett durch die Pinneberger Fahrradtafel. Der Anteil der Stadt bestand darin, die Aufstellung vor dem Gebäude zu erlauben.

Insgesamt ist es nicht verwunderlich, dass Frau Steinberg teilweise mehr als 5 Jahre alte Minimaßnahmen anpreisen muss, um angebliche Verbesserungen für den Radverkehr aufzuzeigen, denn in den letzten Jahren hat sich nichts Relevantes getan.
Alleine die teilweise Ausschilderung der Velorouten ist relativ neu aber auch diese ist nicht intuitiv, wie uns die Vielzahl an Rückfragen verunsicherter Bürger dazu zeigt.

Aber spannend sind ja auch vor allem all jene Maßnahmen, die Frau Steinberg nicht erwähnt, weil sie eben nicht umgesetzt wurden. Da ist beispielsweise die Umwidmung der drei Pinneberger Radverkehrsbrennpunkte (Osterholder Allee, Fahltskamp und Bismarkstraße) zu Fahrradstraßen. Hier hat es vor über einem Jahr ein gemeinsames Gesprächsangebot seitens der Feuerwehr und des ADFC mit Politik und Verwaltung gegeben. Leider wurde zu so einem Gespräch dann doch nicht eingeladen.

Auch die Umsetzung weiterer Fahrradstraßen, insbesondere im direkten Umfeld der Pinneberger Schulen bzw. der stark frequentierten Schulwege, liegt auf Eis, obwohl es beispielsweise seitens der Feuerwehr keinerlei Bedenken dagegen gibt.

Die Sanierung der Radwege geht insgesamt, aber besonders in Pinneberg, unverändert viel zu langsam voran. Wenn wir bis 2030 einen Radverkehrsanteil von 30 % am Modal Split haben wollen, wie es sowohl die Radstrategie des Landes Schleswig-Holstein, aber auch der Nationale Radverkehrsplan des Bundes vorgeben, bedarf es sehr schnell der Umsetzung von vielen Maßnahmen auch und insbesondere auf kommunaler Ebene, um dem Radverkehr mehr Platz zu geben und ihn erheblich sicherer zu machen.

Fazit:

Pinneberg könnte eine tolle Fahrradstadt werden, denn die Voraussetzungen sind geradezu ideal. Aber der Weg dahin ist unverändert SEHR weit. Auch wenn Frau Steinberg Pinneberg schon jetzt gerne als Fahrradstadt bezeichnet, so scheint es mindestens bei einigen handelnden Akteuren aus unserer Sicht am Willen zu mangeln, diesen Weg zu beschreiten.
Dennoch erkennen wir die unentwegten Bemühungen der Bürgermeisterin, das Thema Radverkehr immer wieder zu platzieren an, denn im Gegensatz zu vielen anderen hat sie sehr früh erkannt, dass eine Steigerung des Radverkehrs mit einer Steigerung der Lebensqualität aller Pinneberger einhergeht.

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